Es ist Freitagabend, ich sitze mit einem Espresso am Tisch, blicke auf eine Wahnsinnswoche zurück und denke mir, dass ich nur deshalb nicht direkt ins Bett gehe, weil ich meine Leser so gerne habe und unbedingt noch einen Blogbeitrag für sie schreiben möchte. Dass samstags zuverlässig ein neues Rezept eintrudelt (bei den braven Genuss-Letter-Abonnenten sogar direkt ins Postfach), diese Gewohnheit möchte ich keinesfalls unterbrechen. Also, vielleicht gleich noch ein Espresso, und los geht’s! Heute im Angebot: Papas Joghurtkuchen!
Steht bei euch zu Ostern Besuch an? Meistens kommt man ja hübsch zur kollektiven Osternestersuche und zum Schokohasenschlemmen zusammen. Ach, wie habe ich es geliebt… Niemals fehlen durfte dabei natürlich ein Kuchen. Osterlämmer sind eher nicht so mein Fall. Da greife ich lieber auf andere frühlingshafte Rezepte zurück, wie auf den bewährten und bei uns äußerst beliebten Joghurtkuchen. Wenn man dafür gute Eier (vom Bauernmarkt) verwendet, wird er so gelb wie die Frühlingssonne.
Gerne gelb, aber lieber ein bisschen spritziger? – Dann ist mein saftiger Zitronenkuchen perfekt für dich!
Was ich ganz besonders daran mag, ist die kompakte, saftige Konsistenz, die dieser Kuchen aufweist, wenn man ein Händchen dafür hat. Keine Sorge, wenn ihr euch an meine Anweisungen haltet, habt ihr dieses Händchen automatisch. Ich habe nämlich ewig getüftelt, um den Joghurtkuchen genau so hinzukriegen, wie der größte Joghurtkuchen-Virtuose, den es gibt: mein Papa. Dazu muss ich noch etwas sagen…
Wenn mein Papa früher einen Kuchen gebacken hat, was relativ häufig geschah, wusste man schon, bevor er das erste Ei aufgeschlagen hatte, dass es ein saftiges, gelbes Wunderwerk werden würde. Da gab es dann zwei Möglichkeiten: Joghurtkuchen oder Zitronenkuchen. Er liebte diese beiden (dicht gefolgt von Nusskuchen und Marmorkuchen), wohl nicht zuletzt deshalb, weil er sie mit einer dicken Schokoladenglasur überziehen konnte, für die er sich zu rühmen pflegte. Dass die Stücke, die er von seinem Kuchen abzuschneiden pflegte, ganz eigene Dimensionen hatten, versteht sich von selbst.
Ich verbinde diesen Kuchen ganz stark mit meiner Kindheit und habe als Studentin buchstäblich jahrelang immer wieder versucht, ihn so hinzukriegen wie mein Papa. Wie oft es schief gegangen ist, verschweige ich jetzt lieber, denn angesichts dessen, dass es sich nicht um einen hochkomplexen Schichtkuchen oder Ähnliches, sondern um einen simplen Rührteig handelt, wäre das doch zu peinlich. Jedenfalls war ich am Ende schon überzeugt, es gäbe da eine geheime Papa-Komponente, die er in all den Jahren einfach für sich behalten hat.
Am 15. Oktober 2017 war es endlich so weit: Ich holte einen perfekten Joghurtkuchen aus dem Ofen. Es war Sonntag, und ich sollte zu Mittag am Ö1-Quiz teilnehmen, höchst erfolglos – was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste. Ich legte ganz ehrfürchtig das erste Stück Joghurtkuchen auf einen Teller und nahm mir vor, am Abend meinen Papa anzurufen und ihm zu erzählen, dass ich es endlich geschafft hatte. Was ich noch nicht wusste… Am Abend hatte ich keinen Papa mehr. Er nahm sich an diesem Sonntag das Leben. Und ließ meine Welt in sich zusammenbrechen. Wir saßen an diesem Abend im Auto, den Joghurtkuchen auf der Rückbank, und fuhren nach Oberösterreich. Es begann die dunkelste Zeit meines Lebens. Ich verstand nicht, dass dieser Mensch einfach fort war. Die ganze Liebe verwandelte sich in brennenden Schmerz, und so ein Schmerz klingt nie ganz ab.
So ist der Joghurtkuchen für mich noch wichtiger geworden: einerseits verbunden mit den allerschönsten Kindheitserinnerungen, andererseits mit der schrecklichen Erinnerung an den Tag, an dem mein Papa uns verließ. Es ist jetzt höchste Zeit, dass er entsprechend gewürdigt wird und hier auf den Blog kommt. Mein Papa hätte nächsten Sonntag seinen 55. Geburtstag. Ich weiß nicht, vielleicht schaut er ja doch runter und freut sich, dass ich seinen Kuchen gebacken habe. Vielleicht…
Jetzt habe ich doch noch ganz schön viel geschrieben, dafür, dass ich eigentlich am liebsten ins Bett gegangen wäre. Ich würde mich freuen, wenn ihr den Joghurtkuchen ausprobiert und eure kleinen und großen Osterhasen damit erfreut.
Papas Joghurtkuchen
Von: Sarah HelmansederIngredients
Für den Teig
- 250 g Joghurt (3,6 %)
- 4 Eier
- 300 g griffiges Weizenmehl
- 50 g Maisstärke
- ½ Pck. Backpulver
- 125 ml Sonnenblumenöl
- 300 g Feinkristallzucker (Backzucker)
- 1 Pck. Bourbon-Vanillezucker
- Mark von 1 Vanilleschote
Für die Schokoladenglasur
- 150 g Zartbitterkuvertüre
- 2 EL Butter
- 2 EL Schlagobers
Instructions
- Den Backofen auf 180° Ober-/Unterhitze vorheizen. Eine Kuchenform (Kastenform, Ringform oder Gugelhupfform) einfetten und mit Mehl ausstreuen.
- Mehl, Stärke und Backpulver vermischen und sieben.
- Eier, Joghurt, Öl, Zucker, Vanillezucker und Vanillemark in eine Rührschüssel geben und sehr schaumig rühren. Die Masse soll in etwa so hellgelb wie Vanillesauce werden.
- Das Mehl dazugeben und nur ganz kurz unterrühren, bis keine Klümpchen mehr vorhanden sind.
- Den Teig in die Form füllen und 40 Minuten backen, dann 5 Minuten im ausgeschalteten Ofen stehen lassen. Schließlich die Ofentür öffnen und den Kuchen noch weitere 5 Minuten im Ofen stehen lassen. Den Kuchen herausnehmen, etwa 20 Minuten in der Form auskühlen lassen und dann auf ein Kuchengitter setzen.
- Für die Schokoladenglasur die Kuvertüre grob hacken und mit Butter und Schlagobers im Wasserbad schmelzen. Gut vermischen und den Kuchen mit der Glasur überziehen.
Notes
Nutrition
Ich bin die Gründerin von Oats and Crumbs und habe 10+ Jahre Küchenerfahrung. Seit 7 Jahren entwickle ich Rezepte und fotografiere Food. Davor war ich Redakteurin bei einem Fachmagazin für Spitzengastronomie und durfte die berühmtesten Köche der Welt treffen. Ich bin zertifizierter Naturally Health Coach und arbeite selbständig als Bloggerin und Food Fotografin.
Saftiger Eierlikörkuchen | Oats and Crumbs
Saturday 4th of April 2020
[…] anderen Gugelhupf, der so gelb, saftig und flaumig ist wie dieser Eierlikörkuchen. Höchstens Papas Joghurtkuchen könnte ihm eventuell Konkurrenz […]
Zitronenkuchen | Sarah's Delight
Sunday 28th of July 2019
[…] würde, bevor er auch nur einen Fuß in die Küche gesetzt hatte. Es gab immer vier Kandidaten: den Joghurtkuchen, den Zitronenkuchen, den Nusskuchen und seine legendären Bananenschnitten. Er beherrschte auch […]
Ostergrüße und One Pot Bärlauch Spaghetti | Sarah's Delight
Sunday 21st of April 2019
[…] Osterrezepten habe ich euch in den letzten Wochen ja schon versorgt. Steht bei euch heute ein Joghurtkuchen oder ein Karottenkuchen auf dem Tisch, wenn sich die Familie zu Kaffee und Kuchen einfindet? Oder […]
Karottenkuchen mit weißer Schokocreme | Sarah's Delight
Sunday 14th of April 2019
[…] ich Gäste hätte, würde ich den ganz einfachen, schnellen Joghurtkuchen und diesen Karottenkuchen mit weißer Schokocreme backen. Der Teig ist im Nu fertig, die Creme […]
Danièle
Sunday 7th of April 2019
Ich habe so eine Vorfreude diesen Kuchen zu backen und lass es dich wissen wie es mir ergangen ist. Danke für die berührende Geschichte und die traumhaften Fotos!!
Sarah
Monday 8th of April 2019
Danke für deine lieben Worte und gutes Gelingen! :)
Herzliche Grüße aus Graz Sarah